Erholung in der Stadt, © Schwarz König

Herrenplatz

Historische Stätte

Beschreibung

Barockes Herz und historisches Zentrum von St. Pölten. Marktplatz

Der Herrenplatz gilt als der in künstlerischer Hinsicht geschlossenste Platz der Stadt St. Pölten. Seit dem Mittelalter dient er als Ort des „Täglichen Marktes“ – ein Zentrum städtischen Lebens, das über die Jahrhunderte hinweg stets im Wandel, aber nie aus dem Takt geraten ist.

Namensgeber: Das Herrenhaus der Stadt

Seinen Namen verdankt der Platz dem ehemaligen Herrenhaus Wiener Straße 12, dem einstigen Fronhof der Passauer Bischöfe. In späterer Zeit diente es als Verwaltungssitz der Stadtherren von St. Pölten, zunächst der Grafen Trautson, dann der Fürsten Auersperg. Das ursprünglich barockisierte Gebäude, das ab 1692 unter Christian Alexander Oedtl und Jakob Prandtauer umgestaltet wurde, musste im späten 19. Jahrhundert einem Neubau weichen: 1893 errichtete Eugen Sehnal an dieser Stelle ein späthistoristisches Haus, das bis heute eine Filiale des Postamtes beherbergt.

Palais, Barock und barocke Bildwelten

Besonders hervorgehoben wird das Gebäude Herrenplatz 2, ein barockes Stadtpalais, das 1724 unter Jakob Weinhardt von Thürburg neu errichtet wurde. Die Fassade – möglicherweise ein Entwurf Johann Lukas von Hildebrandts – wurde von Joseph Munggenast ausgeführt und trägt einen prachtvollen Frontgiebel, der die Vertreibung der Finsternis durch das Licht darstellt.

Der Entwurf dieser symbolischen Darstellung wird Georg Raphael Donner, einem der bedeutendsten österreichischen Barockbildhauer, zugeschrieben. Ausgeführt wurde das Werk durch den St. Pöltner Bildhauer Joseph Pabel. Ergänzt wird die Fassade durch eine Statue des hl. Johannes von Nepomuk und eine Figur des Diogenes im Fass im Stiegenhaus – beide möglicherweise Werke des Prandtauer-Schwiegersohns Peter Widerin.

Ein prominenter Bewohner war ab 1811 Karl Mack von Leiberich, jener General, der 1805 bei Ulm vor Napoleon kapitulieren musste. Seine tragische Karriere fand sogar Eingang in Tolstois "Krieg und Frieden".

Jugendstil und kaiserzeitliche Baukunst

Ein Beispiel für die späte Phase des Jugendstils ist das Gebäude Herrenplatz 4, das 1913/14 von Hubert Gessner, einem Schüler Otto Wagners, errichtet wurde. Der Bau zeichnet sich durch klare, stereometrische Formen und klassizistische Anklänge aus. Dekorelemente des Werkbundes sowie der Figurenschmuck des Secessionskünstlers Anton Hanak prägen das Erscheinungsbild dieses stadtbildprägenden Hauses.

Kammerhaus, Musik und Barockfassaden

Das Haus Herrenplatz 5 war im 14. und 15. Jahrhundert das Kammerhaus des Augustiner Chorherrenstifts und diente der Finanzverwaltung. Seine heutige Fassade stammt aus dem späten 18. Jahrhundert. Der berühmteste Gast des Hauses war Franz Schubert, der 1821 während seines Besuchs bei Bischof Dankesreither hier residierte.

An der Südseite des Platzes befindet sich das Haus Wiener Straße 16, ein ehemaliger Einkehrgasthof mit Wurzeln in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die barocke Fassadengestaltung um 1720 wird Joseph Munggenast zugeschrieben, mit einer möglichen Beteiligung des vielseitigen Künstlers Antonio Beduzzi.

Die Mariensäule – ein Denkmal gegen die Pest

In der Mitte des Platzes erhebt sich die Mariensäule, errichtet 1718 auf ein Gelöbnis der Familie Weinhardt von Thürburg nach der Pest von 1713/14. Die Figur der Immaculata – auf einer von Wolken umwobenen schlanken Säule – gilt als Frühwerk von Joseph Pabel. Der Entwurf der Säule stammt möglicherweise ebenfalls von Antonio Beduzzi.

Ein Ort der Kontraste und Begegnung

Gegenüber, in der nördlichen Ecke des Platzes, steht ein modernes Gegenstück zur barocken Symbolwelt: Die Skulptur „Tratschende Frauen“ von Hans Freilinger, 1990 geschaffen, ist ein beliebtes Fotomotiv – besonders bei Tourist:innen. Die humorvolle Szene fügt sich erstaunlich gut in das historische Ambiente und betont, dass der Herrenplatz nicht nur ein Ort der Vergangenheit, sondern auch ein Platz der lebendigen Gegenwart ist.

Barocke Apothekenkultur

Ein weiteres bemerkenswertes Gebäude ist das Haus Wiener Straße 14, das im Kern auf 1544 zurückgeht. Die spätbarocke Fassade, 1877 aufgestockt, wird Mathias Munggenast zugeschrieben. Seit 1628 befindet sich hier die Apotheke „Zur goldenen Krone“, auch bekannt als „Alte Spora-Apotheke“. Mit ihrer prachtvollen Stuckdecke aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und alten Apothekereinrichtungen gehört sie zu den eindrucksvollsten historischen Apotheken der Stadt.

Lage
  • mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar

Standort & Anreise