ehemaliges Institut der Englischen Fräulein
Historische Stätte
Beschreibung
Barocke Bildungsstätte mit künstlerischem Glanz. In der Linzer Straße erhebt sich hinter einer der prächtigsten Barockfassaden Niederösterreichs das ehemalige Institut der Englischen Fräulein, das heute die Mary Ward Schulen Österreichs beherbergt. Die reiche Geschichte des Hauses ist eng mit der Entwicklung weiblicher Bildung und barocker Baukunst in St. Pölten verbunden – und mit den Namen einiger der bedeutendsten Künstler und Architekten der Epoche.
Ein Ort der Bildung für Mädchen – seit 1706
Das Institut wurde 1706 von Jakob Freiherr von Kriechbaum als Schule für Mädchen gegründet – eine fortschrittliche Einrichtung in einer Zeit, in der Frauenbildung keineswegs selbstverständlich war. Bereits 1709 konnte der erste Gebäudeteil bezogen werden: ein schmaler Bau links neben der heute dominierenden Doppelportalanlage, an den ursprünglich beidseitig Einfahrten anschlossen.
1714 wurde das angrenzende rechte Gebäude erworben, wo Jakob Prandtauer eine Kapelle errichtete, die 1718 geweiht wurde. Dieser ursprüngliche Kapellenraum ist heute Teil des Presbyteriums der Kirche.
Barocke Fassade mit theologischer Bilderwelt
Die beeindruckende, breit gelagerte Barockfassade mit dem zentralen Doppelportal entstand erst zwischen 1767 und 1769, vermutlich unter der Leitung von Mathias Munggenast, als die Kapelle nach Westen erweitert wurde. Der plastische Figurenschmuck an der Fassade stammt wahrscheinlich von Andreas Gruber und zeigt unten (von links nach rechts) die hl. Anna, einen Schutzengel sowie die hl. Katharina von Alexandrien, darüber den hl. Joseph, Maria Immaculata und den hl. Ignatius von Loyola – ein eindrucksvolles Bildprogramm barocker Frömmigkeit.
Ein Kirchenraum als Gesamtkunstwerk
Das Kircheninnere ist heute nur im Rahmen von Sonderführungen zugänglich, zählt jedoch zu den bedeutendsten barocken Sakralräumen der Stadt. Es besteht aus zwei ungleich großen, quadratischen Räumen: dem ehemaligen Kapellenraum Prandtauers, heute als Presbyterium genutzt, und dem in der Umbauphase von 1767–1769 neu geschaffenen Kirchenschiff, das als Zentralraum konzipiert wurde.
Die 20 Meter hohe Kuppel des Presbyteriums trägt das bedeutende Fresko „Offenbarung der Menschwerdung Christi“ – das erste Werk des berühmten Tiroler Malers Paul Troger in Niederösterreich. Die Deckenmalerei im Hauptraum, mit Szenen aus dem Marienleben, stammt von Bartolomeo Altomonte.
Das Hochaltarbild zeigt die „Immaculata Conceptio“ – ein Werk von Karl Reslfeld, einem Schüler von Franz Anton Maulbertsch. Auch die beiden Seitenaltar-Gemälde sowie die Statuen der vier abendländischen Kirchenlehrer – Gregor, Ambrosius, Hieronymus und Augustinus – stammen aus Reslfelds Umfeld und ergänzen das barocke Gesamtkunstwerk.
Bildungstradition in neuen Händen
Obwohl viele Ordensgemeinschaften unter Joseph II. aufgehoben wurden, blieb das Institut der Englischen Fräulein dank seiner sozialen Bedeutung bestehen. Seit 1875 führte es Schulen mit Öffentlichkeitsrecht – eine Tradition, die bis heute fortbesteht.
Die letzten Schwestern der Congregatio Jesu leben heute im barocken Lilienhof in Stattersdorf. Das Gebäude in der Linzer Straße beherbergt heute die Mary Ward Schulen Österreichs, mit einer Volksschule, Hauptschule und einem wirtschaftskundlichen Realgymnasium – und so bleibt der Geist der Bildung, den Freiherr von Kriechbaum einst entfachte, bis heute lebendig.