Erholung in der Stadt, © Schwarz König

Riemerplatz

Historische Stätte

Beschreibung

Liebevoll von den St. Pöltnerinnen und St. Pöltnern als „Ohrwaschlplatz“ bezeichnet – ist mehr als nur ein Verkehrsknotenpunkt der Altstadt: Er erzählt Geschichte. Und das sprichwörtlich mit einem offenen Ohr.

Ein Platz mit Geschichte

Der Ursprung des Riemerplatzes reicht bis ins frühe 13. Jahrhundert zurück. Ursprünglich als Markt außerhalb der damaligen Stadtmauern angelegt, entwickelte sich der Platz rasch zu einem bedeutenden Zentrum. Zunächst Standort des Wollmarkts, wurde er ab dem 14. Jahrhundert als Holzmarkt genutzt. Seinen heutigen Namen erhielt der Platz jedoch erst im 19. Jahrhundert – in Anlehnung an das hier einst stark vertretene Riemergewerbe (die Herstellung von Lederriemen).

Historisch interessant: Hier treffen sich die Grenzen der vier alten Stadtviertel – Lederer-, Holz-, Markt- und Klosterviertel – und auch die großen Verkehrsachsen der Stadt kreuzen sich am Riemerplatz: die ehemalige „Poststraße ins Reich“ von Wien nach Linz sowie die Handelsroute von Krems ins Gebirge.

Bis 1930 war der Riemerplatz der zentrale Verkehrsknotenpunkt der Stadt. Die engste Stelle dieses Durchzugsbereichs wurde bezeichnenderweise „Scharfes Eck“ genannt.

Das offene Ohr – Kunst mit Augenzwinkern

Seit 1988 ziert die Platzmitte eine Marmorskulptur des Bildhauers Hein Mader. Offiziell ein Kunstobjekt im öffentlichen Raum, wird die Skulptur im Volksmund gerne als „das offene Ohr des Bürgermeisters“ bezeichnet – eine augenzwinkernde Hommage an bürgernahe Politik, vielleicht aber auch Ausdruck des typisch österreichischen Humors.

Fast 180 Jahre zuvor stand an gleicher Stelle ein anderer Blickfang: 1810 wurde hier ein temporärer Triumphbogen errichtet – zur Feier der Durchreise von Erzherzogin Marie Louise auf dem Weg zu ihrer Hochzeit mit Napoleon Bonaparte. Das Besondere: In dem Bogen war eine versteckte „Harmoniemusik“ untergebracht – ein barockes Überraschungskonzert mitten am Platz.

Historische Häuser rund um den Platz

Der Riemerplatz ist umgeben von bedeutenden Bürgerhäusern, deren Wurzeln bis ins Mittelalter reichen:

  • Riemerplatz 1: Entstanden aus vier Einzelhäusern, im 17. Jahrhundert umfassend umgebaut. Um 1725 wurde das Gebäude barockisiert – vermutlich nach Plänen von Joseph Munggenast. Es beherbergte Gaststätten, diente als Herberge für adelige Gäste und war Wohnsitz von Bürgermeister Wilhelm Voelkl, in dessen Amtszeit bedeutende Unternehmen wie Voith, Glanzstoff und die ÖBB-Hauptwerkstätte entstanden. Ein Relief von Gertrude Hann (1930) erinnert an Voelkl – es ist in der Linzer Straße angebracht.
  • Riemerplatz 2: Auch dieses Haus wurde im 17. Jahrhundert umfassend verändert. Bei einer späteren Restaurierung kamen zwei Portalgewände aus dem 16. Jahrhundert zum Vorschein.
  • Riemerplatz 3: Möglicherweise durch Mathias Munggenast barockisiert, beherbergt das Gebäude eine integrierte spätgotische Hauskapelle, von der Teile heute in einer Arztpraxis erhalten sind.
  • Riemerplatz 4: Auf spätromanischen Fundamenten errichtet. 1954 wurde hier ein Biforienfenster aus der Spätromanik entdeckt – heute im Stadtmuseum zu sehen. Die Fassade stammt aus dem Hochbarock und beeindruckt mit einem kunstvoll geschmiedeten Balkon.

Kunst im öffentlichen Raum

2005 wurde zwischen den Häusern Riemerplatz 1 und 2 ein weiteres Kunstwerk installiert: eine Eisenskulptur in Form eines Spinnennetzes, geschaffen von dem St. Pöltner Künstler Walter Berger im Rahmen des Projekts Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich.

Heute: Ein Ort mit Atmosphäre

Der Riemerplatz ist heute eine beliebte Flaniermeile in der Altstadt – ein Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart aufeinandertreffen. Cafés, Geschäfte und Veranstaltungen beleben den Platz. Und wer ganz genau hinhört, der mag vielleicht ein leises Flüstern vernehmen – vom offenen Ohr, das noch immer alles mitbekommt, was in St. Pölten gesprochen wird.

Lage
  • mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar

Standort & Anreise